Kochel: Auf den Spuren der Revolution von 1918/19

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Tourdaten
20,78km
599 - 974m
Distanz
566hm
575hm
Aufstieg
06:08h
 
Dauer
Kurzbeschreibung

Der Weg führt vom Bahnhof Kochel durch den Ort, bergauf durch den Wald und am Kochelsee entlang, vorbei an Schauplätzen der Revolution von 1918/19.
Der folgende Text besteht aus der reinen Wegbeschreibung, sowie nummerierten Ausführungen zur Historie.

Schwierigkeit
mittel
Bewertung
Technik
Kondition
Landschaft
Erlebnis
Ausgangspunkt

Bahnhof Kochel

Wegverlauf
Kochel
Kochel am See (605 m)
1,5 km
Grauer Bär
2,6 km
Seehotel Grauer Bär
2,8 km
Nase
14,5 km
Oskar von Miller
15,8 km
Altjoch
16,1 km
Café und Imbiss, Campingplatz Kesselberg
16,9 km
Seehotel Grauer Bär
18,2 km
Grauer Bär
18,4 km
Kochel am See (605 m)
19,6 km
Kochel
20,8 km

Beste Jahreszeit
Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
Beschreibung

Auf dem Bahnhofsparkplatz in Kochel geht es zunächst am Maibaum vorbei zu einem Haus mit spitzen Türmchen auf dem Dach. Dort gehen wir geradeaus auf dem Döllerfeldweg auf die Schmied-Klause zu.

1. Im Januar 1919 hielt der später als Vertreter der Frankfurter Schule und wegen seines Einflusses auf die Studentenbewegung bekannte Philosoph Herbert Marcuse auf Einladung des sozialdemokratischen Vereins Penzberg hier im Wirtshaus Schmied von Kochel eine Rede. Zu einem Wahlerfolg konnte er der SPD nicht verhelfen. Es gab noch wenige Arbeiter in Kochel. Ihre Zahl wuchs jedoch bald auf ungefähr 2000 an, weil immer mehr Arbeitskräfte für den im Herbst zuvor begonnenen Bau des Walchenseekraftwerks gebraucht wurden. Einige Tage nach der Rede wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht nach Rücksprache mit dem SPD-Minister Gustav Noske erschossen. Als Reaktion darauf trat Marcuse aus der Partei aus.
Am Tag bevor die Räterepublik ausgerufen wurde, fand im Schmied von
Kochel eine Versammlung statt. Etwa 150 Arbeiter, die am Bau des Walchenseekraftwerks beteiligt waren, kamen mit roten Fahnen und Gesang den Kesselberg hinunter, um teilzunehmen.

Hinter dem Wirtshaus biegen wir links ab, überqueren die Schlehdorfer ­Straße und gehen dann leicht links in den schmalen, aber asphaltierten Pfarrer-
Hartmann-Weg. Rechts sieht man die Kirche.

2. Als am 7. April 1919 in München die Räterepublik ausgerufen wurde, geschah dies auch in Kochel. Zur Feier des Ereignisses läuteten einige Arbeiter die Kirchenglocken und hängten eine rote Fahne aus dem Kirchturm.

Nachdem wir zwischen zwei alten Holzhäusern hindurchgekommen sind, gelangen wir von hinten an den Gasthof zur Post. Nebenan befand sich früher die Post.

3. Nach der Ausrufung der Räterepublik wurden die Post und das Rathaus besetzt. Außerdem wurden die Gemeindegremien abgesetzt und die ­Bauarbeiter streikten nach Vorgaben aus München. Der Streik hatte bereits zwei Tage zuvor begonnen, mit dem Ziel höhere Löhne auf der Baustelle des Walchenseekraftwerks zu erreichen. Der für den Streik zuständige Aktionsrat wurde in „Zentralkommission“ umbenannt und eine bewaffnete Arbeiterwehr gebildet.

Danach folgen wir in einer Rechtskurve der Hauptstraße, bevor wir nach links in den Herzogstandweg abzweigen. Wir halten uns an den Wegweisern zum Walchensee, zum Kesselberg und zum Franz-Marc-Museum. Nach 50 Metern bleiben wir an der Gabelung rechts und wandern mit Blick auf den Herzogstand. Vor einem kleinen Hügel biegen wir rechts in die Graseckstraße. Wo die Straße im rechten Winkel nach rechts abbiegt, nehmen wir den unscheinbaren Pfad, der links hinter einem Haus vorbeiführt, kommen unterhalb des Franz-Marc-Museums an und gehen links an der Straße entlang, bis wir sie überqueren, um zum Kochelsee zu gelangen. Wassily Kandinsky hat den Blick über den See von genau dieser Stelle in seinem Bild „Kochelsee über die Bucht“ festgehalten. Am See geht es nach links auf einem Kiesweg, weiter am Gehsteig der Hauptstraße und hinter dem Hotel Grauer Bär wieder auf einem Kiesweg immer möglichst nah am See entlang. An einem Campingplatz weiter neben der Straße wieder weg vom See. Dahinter überqueren wir auf einer kleinen Brücke ein Flussbett, biegen am großen Schild zum Informationszentrum Walchenseekraftwerk links ab und gehen die weite Linkskurve der Kesselbergstraße an der Bushaltestelle Altjoch vorbei. Wer abkürzen will, kann am Rückweg ab hier den Bus zurück zum Bahnhof nehmen. Direkt hinter der Kurve zweigt die alte Kesselbergstraße rechts ab. Der folgen wir jetzt. Die Forststraße windet sich steil den felsigen Berg hinauf. Wir folgen dem Wegweiser zum Walchenseekraftwerk, Kochel am See, und nehmen den schmalen Weg bergab zum Kesselbach. Am Bach angekommen, biegen wir links ab und steigen links an Wasserfällen vorbei wieder bergauf. Nach dem steilen Aufstieg trifft der Weg wieder auf die alte Kesselbergstraße. Auf der gehen wir nach rechts leicht bergauf, überqueren nach etwa 50 Metern den Bach und folgen der Forststraße, die zunächst in einer großen Rechtskurve den Berg hinauf führt. Bald können wir ab und zu den Kochelsee, der inzwischen schon mehr als 200 Höhenmeter unter uns liegt, durch die Bäume erkennen. Etwa einen Kilometer hinter der Brücke zweigt eine Forststraße nach rechts ab. Die benutzen wir für einen Abstecher hinunter zum Wasserschloss des Walchenseekraftwerks. Wem es reicht, die Fallrohre und das Wasserschloss später von unten zu sehen, kann sich diese 50 Höhenmeter hinunter und wieder hinauf auch sparen. Unterirdisch gelangt Wasser vom Walchensee zum Wasserschloss und fließt dann durch die seit der Inbetriebnahme gleichen Fallrohre in die Maschinenhalle des Kraftwerks, wo es Turbinen antreibt, die noch heute Strom erzeugen.

4. In den Jahren 1918 bis 1924 errichteten von den Einheimischen abfällig als „Baraber” bezeichnete Arbeiter die Anlage unter harten Bedingungen. Die meisten von ihnen kamen direkt aus dem Krieg, mit zerfetzten Kleidern. Die Löhne waren sogar für kinderlose Arbeiter zu niedrig, um sich ausreichend zu ernähren. Lebensmittelmarken wurden nur unregelmäßig ausgegeben. Die Arbeit war körperlich extrem belastend. Erd- und Felsmassen mussten mit
Pickeln und Schaufeln abgetragen und zum Teil mit Schubkarren weggeschafft werden. Im kalten Winter wurde weitergearbeitet. Dabei kamen 17 Arbeiter ums Leben.
Eine Woche nach der Revolution in München wurde im November 1918 bei einer Volksversammlung ein Kocheler Arbeiterrat gewählt. Er sollte die ­Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter verbessern. Etwa zur gleichen Zeit gründete sich auch ein Bauernrat. Im Januar 1919 konnte der Arbeiterrat einen Acht-Stunden-Tag und eine 44-Stunden-Woche durchsetzen. Im Früjahr 1919 wurde sogar ein Fabrikbesitzer verhaftet und ins Gefängnis Stadelheim gebracht, weil er gegen diese Arbeitszeitenregelung verstoßen hatte.

Nach dem Anstieg zurück nehmen wir nach rechts den Weg wieder auf und folgen ihm, bis der Weg in der Stromtrasse, über die Strom vom Walchenseekraftwerk nach Österreich geleitet wird, eine scharfe Linkskurve bergauf nimmt. Dahinter gelangen wir auf die Skiabfahrt vom Herzogstand und steigen diese etwa 300 Meter und 60 Höhenmeter hinauf bis ein kleiner Weg nach links abzweigt und einige Meter weit zu einer Bank führt. Hier haben wir den höchsten Punkt unserer Wanderung erreicht und einen Ausblick auf den Walchensee mit dem Eingang der Kesselbergstollens, durch den das Wasser unterirdisch zum Wasserschloss gelangt, an seinem linken Eck.

5. Beim Graben des Stollens wurde an Belüftungsrohren gespart. Spreng-
gase und Abgase einer Lokomotive zum Abtransport des Abraums führten zu CO2-Vergiftungen. Nicht nur Lähmungserscheinungen traten auf, es gehörte auch zum Alltag, bis zur Bewusstlosigkeit zu schuften. Wer das Bewusstsein verlor, wurde aus dem Stollen herausgetragen und für die versäumte Arbeitszeit nicht bezahlt. Alkoholismus war auf der Baustelle weit verbreitet, weil die meisten Bergarbeiter unter Kopfschmerzen, die durch Alkoholkonsum gelin-dert wurden.

Unter uns liegen das Dorf Urfeld und zahlreiche Villen mit Seeblick, wegen der Neigung des Hanges von hier aus nicht sichtbar.

6. Viele dieser Villen standen die meiste Zeit leer und wurden von Arbeitern beschlagnahmt. Wohnraum war nämlich knapp und die Bauarbeiter waren in überfüllten Baracken untergebracht. Als Gegenmaßnahmen ließen einige Villenbesitzer Schreckschuss-Selbstschussanlagen installieren oder stellten bewaffnete Wachen ein.

Ebenfalls nicht zu sehen von hier, befindet sich unter uns, das Hotel Fischer am See.

7. Dort wurde der Vorstand der Zentralkommission zusammen mit acht Genossen nach der Niederschlagung der Räterepublik von der Garmischer Volkswehr, der Vorläuferorganisation des Freikorps Werdenfels, verhaftet und ins Gefängnis nach Garmisch gebracht. In der darauffolgenden Woche kam es zu weiteren Verhaftungen sogenannter Rädelsführer, die mit bis zu sechs Jahren Zuchthaus bestraft wurden.

Auf dem Pistenstück geht es wieder zurück. Dann wieder den Weg, den wir gekommen sind, links unter der Stromleitung hindurch. Es geht etwa 50 Meter geradeaus bergab. Dann kommt eine scharfe Rechtskurve, in der wir den Weg nach links nehmen. Er führt wenige Meter steil bergauf, flacht dann ab und wird zu einem schmalen Pfad. Hier ist ein wenig Trittsicherheit nötig, da der Hang steil nach rechts abfällt. Zwischen den Bäumen wird immer wieder der Blick auf Teile des Kochelsees frei. Der Weg wird wieder breiter und trifft schließlich auf eine Forststraße, auf der es nach links über einige Serpentinen gemächlich bergab geht bis zur kleinen Brücke über den Jochbach. Direkt hinter der Brücke biegen wir scharf links ab und folgen zunächst dem Bachverlauf neben riesigen im Wald liegenden Felsbrocken. Die Forststraße führt uns durch den Wald und nach etwa 1,5 Kilometern links an einer Wiese vorbei. Dahinter wurde der Weg durch Felsen gesprengt und geht steil bergab und in Serpentinen auf den Kochelsee zu. Vor uns sehen wir schon den Weg auf der Wiese. Unten im flachen Gelände biegen wir in einer weiten Linkskurve nach rechts ab und gehen geradeaus auf den Felsenkeller zu, das Haus direkt unter einer Felswand.

8. Im April 1919 brachen 65 Mann der Arbeiterwehr in Richtung Garmisch auf. Kurz vor Garmisch kam es zum Gefecht mit der Garmischer Volkswehr. Vier Arbeiter – darunter ein erst 19-jähriger – wurden getötet und 18 festgenommen. Die Anführer beider Seiten wurden verletzt. Nach dieser Niederlage sammelte die Arbeiterwehr die Waffen ihrer Mitglieder ein und verstaute sie hier im Felsenkeller. Der Arbeiterrat erklärt sich für neutral gegenüber der Räterepublik und der Regierung in Bamberg und erlaubt der Gemeinde, einen bürgerlichen Ordnungsdienst aufzustellen. Die Zentralkommission löste sich einige Tage später auf. Mitglieder der konterrevolutionären Bürgerwehr holten die Waffen aus dem Felsenkeller ab. Die schienen ihnen aber anscheinend nicht ausreichend, um gegen die nun unbewaffneten Arbeiter vorzugehen. Also wurden weitere fünfhundert Gewehre, acht Maschinengewehre und insgesamt 30.000 Patronen aus München geholt. So ausgerüstet, führten sie Hausdurchsuchungen und Verhaftungen durch. Danach konnte ohne Widerstand eine Einheitsliste für die Gemeindewahl aufgestellt werden.

Direkt unterhalb des Hauses beginnt der Felsenweg, auch Felsenkellerweg genannt.

9. Dieser wurde vor dem Bau des Kraftwerks in den Fels geschlagen, damit Bauarbeiter von Schlehdorf aus schneller zur Baustelle gelangen konnten. Bei Nässe, Schnee oder Eis war dieser Arbeitsweg nicht nur weit, sondern auch gefährlich.

Wer Höhenangst hat, sollte entweder nicht nach links schauen oder den Felsenweg meiden und stattdessen die Route über Schlehdorf zum Kocheler Bahnhof nehmen. Der schmale Weg verläuft nämlich an vielen Stellen einige Meter senkrecht über dem Wasser. Am Ende des Felsenwegs kommen wir über eine Brücke aus dem Wald hinaus. Hier geht es nach rechts direkt auf das Kraftwerk und die markanten Fallrohre zu. Eine Brücke überspannt die Rohre. Die überqueren wir. Danach geht es an den Kraftwerksgebäuden, dem Schaltwerk und später an beliebten Kletterfelsen vorbei und weiter geradeaus auf einer Asphaltstraße bis zur Bushaltestelle Altjoch. Wer sich die letzte Dreiviertelstunde Fußweg ersparen will, kann ab hier den Bus zum Bahnhof nehmen. Ansonsten gehen wir immer an der breiten Mittenwalder Straße entlang bis zum Bahnhof zurück.

Höchster Punkt
974 m
Zielpunkt

Bahnhof Kochel


Alternativen

Abkürzung um etwa 40 Minuten mit dem Bus möglich


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Alle Bewertungen
Diane Wodner
07. Apr. 2024
Kocherlsee 1 - mit Höhenmetern

sehr schöne Aussicht am höchsten Punkt -> lohnt sich lohnt sich generell jeden der angebotenen Abzweige zu gehen beim ersten: sehr cooler Wasserfall mit sonnenstrahlen, die durch die Bäume brechen beim zweiten: oben am Wasserwerk (an und für sich nicht so cool, aber zu einem späteren zeitpunkt schaut man dann hinauf zum wasserwerk und weiß, dass man dort gestanden hat beim dritten: sehr schöne aussicht auf den see und läd ein zu einer brotzeit (da ist auch eine bank

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